Fertig gezügelt

Als Julia und Paul, die in Wirklichkeit anders heissen, an einem kalten und trockenen Wintertag in ihr Haus einzogen, war der Garten noch nicht fertig. Sie legten Tücher auf die hart gefrorene Erde, um das Gehen zu erleichtern und nicht zu viel Schmutz ins Haus zu tragen. Die Nachbarn kannten sie schon, denn das Bauprojekt in Elsau war schon in der zweiten Etappe. Eineinhalb Jahre lang hatten sie den Bauprozess begleitet, an Sitzungen teilgenommen, die Bauherrschaft selbst übernommen, die Innenräume des Hauses geplant, sich mit den schon eingezogenen Besitzern aus der ersten Bauetappe über ihre Erfahrungen ausgetauscht, selbst Böden verlegt und Wände gemalt, Handwerker ausgesucht und beauftragt.

Und 27 Jahre später sind sie immer noch zufrieden mit ihrem Zuhause. Ihre beiden Kinder, die beim Einzug wenige Monate und zwei Jahre alt waren, sind längst erwachsen, kommen aber gerne zu Besuch. Beide Söhne zogen nach ihrem ersten Auszug ausbildungsbedingt nochmal ein. Auch für vier Erwachsene bot das Haus genügend Platz.

Nun leben Julia und Paul endgültig nur noch zu zweit und haben die Zimmeraufteilung entsprechend angepasst. Es gibt neu ein grosses Gästezimmer. Und Julia habe gleich drei Bürozimmer, lacht ihr Mann. Julia rechtfertigt sich lächelnd: «Na ja, eines ist das Bürozimmer und eines das Ankleidezimmer und das andere ist eher ein Lagerraum.»

Ein Haus mit Garten zu haben, das bedeutet für die beiden immer noch «echt und richtig zu Hause zu sein». Stolz schwingt auch mit, denn als das Paar aus dem Ausland in die Schweiz zog, hatte es nichts. Das Haus sei auch ein Symbol dafür, es in der Schweiz geschafft zu haben, findet Paul. Vor allem aber ist es ihr Wohlfühlort. Julia ist als Kind selbst viel umgezogen, auch ins Ausland. Für ihre eigene Familie war es ihr wichtig, ein konstantes Daheim zu schaffen. «Fertig gezügelt» sei das Motto gewesen.

Würden sie das Haus heute anders bauen? Beide schütteln auf diese Frage hin den Kopf. Vielleicht würden sie Küche neu planen und eine Zisterne einbauen, um mit Regenwasser abzuspülen. Aber ansonsten sind die beiden seit dem ersten Tag im Haus «megahappy».

Wie das Umziehen vor 27 Jahren sein Ende fand, schildern Julia und Paul (beide Anfang 60).

Anna Pieger

Geboren 1981 in München, studierte an der Universität Basel Kunstgeschichte und Philosophie. Ihr literarisches Schaffen umfasst Prosa und Lyrik sowie journalistische Beiträge für das Kulturmagazin ERNST. Sie lebt mit ihrer Familie in Basel und ist als Co-Leiterin einer Sekundarschulbibliothek tätig.