„Das letzte Hemd hat keine Taschen“, sagt mein Freund Olaf oft. Er organisiert Umzüge, transportiert und schafft, er räumt auch gelegentlich Wohnungen aus, wenn einer besser ins Heim musste, wenn eine nicht mehr aus dem Krankenhaus zurückkommt, wenn einer einfach so über Nacht verstorben ist und es keine Angehörigen gibt; wenn niemand da ist, der sich kümmert; keiner, der sich seiner Sachen annehmen mag. Dann geht er durch die Zimmer, steht zwischen Bergen von Sachen, die mal ein Leben waren. Und manchmal nimmt er etwas mit, von dem er denkt: Der Verstorbene hätte es gerne bewahrt, und ich kann es auch gut gebrauchen.
Olaf
Frank Keil
Geboren und aufgewachsen in Hamburg an der Elbe. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist er als freier Kulturjournalist und Autor unterwegs. Diverse Texte und Strecken für den ERNST; ausserdem Mitbetreiber der Plattform www.maennerwege.de. Aktuell schreibt er an seinem autofiktionalen Romanprojekt „Ich weiss nichts über meine Familie, suche sie aber trotzdem“, für den er 2022/23 einen Literaturpreis der Stadt Hamburg erhielt. Ausserdem Bahnfahrer, Frühaufsteher, Kleingärtner und Mettbrötchen-Fan.