Ja, ich schreibe.
Ich schreibe an meinem ersten Roman.
Ich will jedenfalls bald schon damit beginnen.
Seit Monaten schon stelle ich mir die Geschichte von diesem IT-Fachmann vor.
Ich sehe diesen Mann vor meinem geistigen Auge. Er ist 38 Jahre alt. Ich sehe ihn, wie er täglich durch den Wald spaziert, ich schaue ihm zu, wie er da so unter Blätterwerk geht. Ja, sogar beim Denken schaue ich ihm zu.
Ich darf das, er gehört mir, er ist meine Erfindung, er ist mein Protagonist.
Dieser Mann fühlt sich, das ist die Geschichte, von der Natur angezogen. Und das war in seinem Leben schon immer so. Aber: Er fühlt sich jetzt, denkt er, immer stärker von ihr angezogen. Er denkt, dass sein Gefühl für die Natur jetzt eigenartig stark wird. Er denkt, dass dieses Gefühl dem Gefühl des Verliebtseins ganz nahekommt. Ja, das denkt er wirklich.
Und während er das denkt, werde ich, denke ich, wenn ich damit nicht zu pathetisch werde, in der Geschichte Rauch im Licht drehen lassen. Bei der Betrachtung dieses Rauches einer nahgelegenen Feuerstelle wird ihn, denke ich, so eine Art archaische Sehnsucht überkommen. Er wird zuschauen, wie sich der Rauch im einfallenden Sonnenlicht ins Nichts dreht. Und er wird sich dabei selber etwas auflösen.
Danach, nach diesem Erlebnis bei der Feuerstelle, will er, denke ich, auf seinen Spaziergängen durch den Wald etwas längere Pausen machen. Erst will er sich, denke ich, nur etwas auf Bänken und Baumstrünken ausruhen. Doch dann, ja dann, wird er sich irgendwann, denke ich, auch hinlegen wollen.
Ja, er wird ein körperliches Bedürfnis dafür verspüren.
Und er wird seine erste Nacht im Wald verbringen. Und er wird es wunderschön finden. Und er wird gar nicht frieren. Und das wird dann, denke ich, so ein Schlüsselerlebnis sein.
Danach verbringt er, denke ich, immer mehr Zeit im Wald. Erst verbringt er, denke ich, nur ein paar Tage am Stück dort, schliesslich bleibt er, denke ich, ganze Wochen und Monate im Wald. Schliesslich geht er nicht mehr zu seiner Familie nach Hause.
Er zahlt keine Rechnungen mehr. Wieso auch, denkt er. Geld, denkt er, bedeutet nichts. Dann verliere ich halt den Job, denkt er, denke ich. Und es ist mir egal, denkt er, denke ich.
Es ist alles egal.
Und irgendwann wird er auf die Rufe seiner Tochter und seiner Frau nicht mehr antworten. Ja, so wird es sein. Sie suchen im Wald nach ihm, sie rufen ihn. Und er wird das hören. Und er wird einfach still bleiben. Er wird einfach in seinem Versteck bleiben. Und er wird, denke ich, partout nicht auf die Rufe seiner Liebsten antworten wollen. Er wird in just jenem Moment, denke ich, denke ich wirklich, zum Waldmenschen werden.
Ich will lernen, mich von den Früchten des Waldes zu ernähren, denkt er dann.
Ich brauche niemanden mehr, denkt er dann.
Er vergisst die Zivilisation. Man vergisst ihn. Und schliesslich will er, irgendwann, als er den Wald immer besser kennt, Teil von ihm werden. Und er legt sich, denke ich, in eine Kuhle. Ich denke, er bettet sich auf herabgefallen Blättern zum Schlaf.
Schön, diese Blätter, denkt er dann, schön, wie sie mich zudecken, denkt er dann. Und der Herbstwald wird ihn, denke ich, mit seinem fallenden Blättern wirklich, denke ich, immer mehr und mehr zudecken. Wunderbar still, denkt er, denke ich. Und es wir das Letzte in seinem Leben sein, das er denkt. Denke ich.
Wie eine noch nicht geschriebene Geschichte über ein Versteck zum Versteck wird.