Man braucht recht wenige Dinge und hat ganz viele.
Oder?
Eben hat er noch etwas getippt, vielleicht etwas gearbeitet, etwas, das erledigt werden musste. Nun ist der Kaffee ausgetrunken, er klappt seinen Laptop zu und ist bereit für ein Gespräch.
Also, Lieblingsstücke … gar nicht so einfach …
Ich war schon oft auf längeren Reisen, mit recht wenig Gepäck, beginnt er zu erzählen, zum Teil auch mit dem Fahrrad, sagt er, zwei Gepäcktaschen vorne, zwei Gepäcktaschen hinten, da merkt man, was man wirklich braucht und wie wenig man braucht. An Dingen.
Er sagt: Ich habe gern schöne Sachen oder Sachen, die ich gerne habe.
So habe er nicht einen, sondern viele Lieblingsgegenstände.
Einen besonderen Gegenstand, den ich herausheben möchte und von dem ich erzählen möchte, sagt er, das ist eine Art Maschine, um einen Apfel zu schälen.
Ein Drehding, sehr filigran sei das, sehr ästhetisch, ein recht altes Gerät, aus Metall, dauerhaft ausgeliehen von einem Nachbarn, ein Erbstück, der Nachbar hatte einen Apfelbaum; jedenfalls: Man spiesst den Apfel auf, setzt die Klinge an, dreht langsam, dreht langsam von Hand und das Ziel ist immer: die Schale am Ende in einem Stück zu haben, in einem Rutsch ist der Apfel abgeschält.
Das macht Superspass und ist auch nützlich und man ist schneller als sonst – aber eigentlich braucht man es nicht.
Er sagt: Man kann ja auch einen Sparschäler nehmen oder man schält den Apfel gar nicht und isst ihn einfach so.
Tja.
Und was für das eine Ding gilt, den Apfelschäler, so verstehe ich ihn, während ich ihm zuhöre, gilt für die Dinge insgesamt: in der Küche, etwa: In der Küche, sagt er, habe ich viele Dinge, die ich gerne mag.
Man muss abwägen zwischen dem Komfort und dem Stress, sagt er noch und rückt sich etwas zurecht, er hat sich zu mir aufs Sofa gesetzt, das recht niedrig ist und eigentlich bequem: Wo der Stress herkommt, möchte ich wissen: Der Stress komme vom Gefühl, es ist zu viel, alles ist viel zu viel, schnell liegt überall etwas herum, die Übersicht geht verloren, die Unordnung setzt ein, sie nimmt überhand, und umgekehrt ist da die Einfachheit und lockt, alles hat seinen Platz: vier Taschen, vier Fahrradpacktaschen, mehr gibt es nicht, man kommt zurecht, that’s it!, ruft er, und die Übersicht ist wieder da.
Und trotzdem: Ist er zurück, wieder zu Hause, in Winterthur, erzählt er, zurück von seinen Reisen, von langen Reisen, dann ist da die vollausgestattete Küche, die auf ihn gewartet hat und auf die er sich gefreut hat, weil einfach alles wieder da ist: kleine Messer, mittlere Messer, grosse Messer, wenn man eines braucht, beispielsweise.
Zum Beispiel gibt es einen Löffel, der eine genau spezifische Form hat. Und sich gut anfühlt, wenn man ihn – abschleckt. Eine Tasse, die genau die richtige Farbe hat, dass der Tee schön aussieht, wenn man ihn eingießt. Aber man kann auch mit irgendeiner Tasse Tee trinken und es erfüllt den Zweck des Trinkens auch – so gilt immer beides, man braucht es und man braucht es nicht, und schnell nehmen wieder die Dinge überhand.
Ich habe mal gelesen, sagt er, man sollte nicht so aufräumen und einordnen, dass es einfach ist, die Dinge herauszunehmen, sondern dass es einfach ist, die Dinge hinein zu räumen; dass das Aufräumen nicht am Rausnehmen scheitere, sondern am Hineinlegen, bei Socken beispielsweise.
Es gibt ja Leute, die sagen ‚Ich habe nicht mehr als 34 Gegenstände‘, und da müssen die Gäste Geschirr mitbringen, wenn sie zum Essen kommen, und das stelle ich mir unglaublich mühsam vor und überhaupt nicht befreiend.
So sitzen wir da, Musik läuft im Hintergrund, in der Caféküche wird geräumt und getan, und er erzählt noch von der Raffel, die er hat, um Karotten von Hand zu reiben, schnell gehe das, leicht; von der Kaffeemaschine, die nicht nur nützlich sei und schön aussehe, erzählt er, sondern die sich auch schön anhöre, auch das so ein Ding, das man einfach gern haben kann, ob man es braucht oder vielleicht auch nicht, ein Lieblingsding, eines von vielen.