Ich bin echt nicht superängstlich. Nicht, dass du jetzt diesen Eindruck von mir bekommst. Und eigentlich mag ich es ja, wenn ein zuckender Blitz den Nachthimmel für einen Bruchteil einer Sekunde erhellt. Ich weiss, dass das Risiko, dass einer dieser Blitze ausgerechnet in unser Haus einschlägt – statistisch gesehen – doch recht klein ist.
Aber manchmal ertappe ich mich dann halt doch dabei, wie ich mir genau das während eines Sommergewitters vorstelle. Ich sitze am Küchentisch, schaue aus dem Fenster und stelle mir vor, wie alles zu Licht wird, wie es knallt und das Holz splittert. Vor meinem geistigen Auge sehe ich, wie der Blitz den kürzesten Weg zur Erde sucht. Und dann kommt immer bald diese Frage:
Was würde ich mitnehmen?
Einfach mal so, hypothetisch quasi, für den Fall der Fälle – was würde ich aus der brennenden Wohnung retten? Und dabei komme ich, nach einiger Überlegung, immer wieder auf dieselbe Antwort: die J-a-h-r-e-s-a-l-b-e-n!
Es sind schon deren sieben. Für jedes Jahr eines.
Sieben Jahre sind wir schon ein Paar, meine Frau und ich, seit sieben Jahren führen wir schon unser Fotojahresbuch. Zwischen den Jahren, in den Raunächten, stöbern wir durch unsere ganzen Bilder auf Handy, Kamera und Laptop. Wir lassen die besten Bilder, die wir das Jahr über aufgenommen haben, am Bahnhofsautomaten ausdrucken und verteilen sie auf unserem Wohnzimmerboden. Dort liegen sie dann ein paar Tage. Bis zum Neujahr sichten wir sie, schichten um, sortieren aus.
Ich liebe diesen Moment.
Es ist ein Moment des Innehaltens, der Wertschätzung. Wir geben unserem Erlebten eine Geschichte, wir geben uns Heimat. Wir sorgen dafür, dass unsere gemeinsamen Jahre nicht einfach vorüberziehen.
2024 war der Einband weinrot, und das erste Foto ist, glaube ich, direkt das vom Hirsch, der jeweils im Winter bei unserer Ferienwohnung bis ans Küchenfenster kommt. Der Hirsch steht unbewegt, den Kopf hält er gerade. Das schwarze Geweih zeichnet sich deutlich vor dem matten Grau des nächtlichen Schnees ab. Dann folgen, so weit ich mich erinnere, Bilder von Ausflügen aus der Region. Und das Jahr nimmt seinen Lauf. Istanbul. Maskenkurs. Und all die anderen Abenteuer.
Obwohl ich von all diesen Bildern ja eine Kopie auf One-Drive habe, sind mir diese Alben – von all den Dingen – am wichtigsten.
A. und seine Frau sorgen mit Jahresalben dafür, dass nicht alles zusammenhangslos bleibt.