«Das muss ich schon sagen»

Als ich noch arbeitete, führte ich mit meiner Partnerin Petra eine Wochenendbeziehung. Ich brachte nach und nach mehr Zeug zu ihr nach Winterthur: erst Unterwäsche, dann Konzertsachen, schwarze Hose, Hemd, Schuhe. Es wurde immer mehr. Dann wollte ich hierbleiben. Wir gingen durchs Sulzer-Areal und merkten: Besser als hier kann man nicht wohnen. Das kulturelle Angebot, die Konzerte, die Menschen, die einen immer freundlich anlächeln.

Ich hatte keine Startschwierigkeiten. Natürlich, das muss ich schon sagen, ist es hier auch ein wenig wie bei uns in Ostwestfalen: Man lernt Leute kennen, aber man kommt, das stimmt schon, nie über die Schwelle. Man wird, wir kennen das, nie eingeladen. Es dauert eben seine Zeit. Aber als wir dann einzogen, haben wir einen Apéro ausgerichtet und sofort Freunde gefunden.

Der 59-jährige Paul ist gut in Winterthur angekommen, grundsätzlich.

Alexander Estis

Alexander ist Schriftsteller. Geboren 1986 in Moskau in einer jüdischen Künstlerfamilie, kam er 1996 nach Deutschland. Nach dem Studium lehrte er deutsche Sprache und Literatur an mehreren Universitäten. Seit 2016 lebt er in der Schweiz. Insgesamt hat Alexander Estis bislang sieben Bücher veröffentlicht, zuletzt den Prosaband »Fluchten« bei der edition mosaik. Für FAZ, NZZ, SZ, DIE ZEIT und andere Zeitungen schreibt Alexander Estis Kolumnen, Essays und Kommentare; seine Radiobeiträge sind regelmässig im Deutschlandfunk zu hören. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet; derzeit residiert er als Stadtschreiber in Dortmund.