Da waren zwei Büros, Informatik und Sachbearbeitung. Ich arbeitete für die Informatik. E. arbeitete für die Sachbearbeitung. Und ich erinnere mich noch genau, das ist jetzt alles schon dreissig, fünfunddreissig Jahre her, wie das damals war, wenn E. von ihrem Büro in meines kam. Dieses Lachen im Gesicht. Diese Freude. «Hallo Rezue», rief sie mir noch im Gehen entgegen. Ja, voller Schalk war sie, sie hatte diese Energie, diese positive Energie, wie sie manche Leute eben haben.
Dreissig, fünfunddreissig Jahre schon. Schon so lange. Ich kann es kaum glauben. Wie die Zeit vergeht. Das war noch bevor ich in die Schweiz gezogen bin, vor meinem Wirtschaftsinformatikstudium. Aber immer, wenn ich heute jemandem, wie jetzt, meine E-Mail diktiere, «r-e-z-u-e-und-so-weiter-Punkt-ch», denke ich an sie. Sie war es, die mir damals diesen Spitznamen gegeben hat, Rezue. Und diese Adresse von damals, «r-e-z-u-e-und-so-weiter-Punkt-ch», meine erste E-Mail überhaupt, verwende ich noch heute.
Nein, ich will sie nicht ändern, auch wenn sie heute, wo fast alle mit Vorname-Punkt-Name in der E-Mail-Adresse arbeiten, etwas seltsam klingen mag, nein, auch wenn sie heute etwas aus der Zeit gefallen sein mag, ändern will ich sie nicht. Nein, das kann ich nicht. E. ist seit rund 25 Jahren tot, an Krebs gestorben.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie mich ihr damaliger Mann, ich wohnte damals schon in der Schweiz, eines Abends nach dem Nachtessen angerufen hat, um es mir mitzuteilen. Nein, die Adresse bleibt, das ist klar. Immer, wenn ich meine E-Mail jemandem, wie eben gerade jetzt, diktiere, denke ich an sie, an ihren Elan, ich sehe E. vor mir, sehe sie lachen, als wäre es gestern gewesen.
Ein Leben ist kurz. Und ein Leben ist lang. Ja, solange wir uns erinnern, ist es immer auch lang.